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Alles inklusiv(e) – Wohin geht die Reise?
Am 14. September 2023 hatte die CAB Caritas Augsburg Betriebsträger gGmbH (CAB) zu einer politischen Diskussion in die Ulrichswerkstätten Augsburg eingeladen.
Worauf wollen und müssen wir uns im Rahmen der neuen Gesetzesvorgaben des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) für die Zukunft einstellen? Was brauchen wir aus unserer Sicht noch für eine gelingende Inklusion? Wohneinrichtungen müssen an gesetzliche Vorgaben angepasst werden. Wie wird die Finanzierung durch Land und Bezirk gesichert? Am 14. September 2023 hatte die CAB Caritas Augsburg Betriebsträger gGmbH (CAB) in die Ulrichswerkstätten Augsburg eingeladen um im Vorfeld der Landtagswahl eine Podiumsdiskussion abzuhalten, bei der diese Fragen erörtert wurden.
Eingeladen waren Prof. Dr. Philipp Prestel von den Freien Wählern, Barbara Holzmann von den Grünen, Dr. Simone Strohmayr von der SPD sowie Carolina Trautner von der CSU. Sie diskutierten mit Mitgliedern des Werkstattrats aus Augsburg und Aichach, sowie dem Diözesan-Caritasdirektor Dr. Andreas Magg. Herbert G. Kratzer, Geschäftsführer der CAB Bereich Behindertenhilfe führte im vollbesetzten Speisesaal der Ulrichswerkstätten Augsburg durch die Debatte zu der über 100 Beschäftigte und Mitarbeiter*innen der CAB gekommen waren. Um die politische Diskussion möglichst barrierefrei zu gestalten, war eine Gebärdensprachdolmetscherin anwesend. Außerdem begleiteten zwei Expert*innen der Leichten Sprache die Veranstaltung und achteten darauf, dass in einfacher Sprache diskutiert wurde.
Die Diskussion begann mit der Frage nach den Umsetzungsmöglichkeiten des Bundesteilhabegesetzes (BTHG), das auf Wunsch der Regierung budgetneutral umgesetzt werden soll. Barbara Holzmann von den Grünen betonte den Widerspruch zwischen der Forderung nach individueller Bedarfsabdeckung für jede einzelne Person und dem Fehlen zusätzlicher Mittel für die Eingliederungshilfe sowie dem Fehlen von Fachkräften. Prof. Dr. Philipp Prestel von den Freien Wählern ergänzte, dass Gesetze überarbeitet werden können und auch das BTHG verbessert werden kann.
Ein weiteres Diskussionsthema war der Mangel an Fachkräften in der Eingliederungshilfe. Angesichts von Budgetkürzungen im Bundesfreiwilligendienst stellte Diskussionsleiter Herbert G. Kratzer die Frage, wie junge Menschen für die Arbeit mit Menschen mit Behinderungen gewonnen werden können. Dr. Simone Strohmayr, SPD, regte an, ein verpflichtendes soziales Jahr für Jugendliche einzuführen, um sie so für soziale Berufe zu interessieren. Carolina Trautner, CSU, betonte dagegen, dass die Attraktivität sozialer Berufe eher durch bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen gesteigert werden sollte. Sie gab auch zu bedenken, dass ein verpflichtendes soziales Jahr das Fehlen eines kompletten Ausbildungsjahrgangs zur Folge hätte und daraus resultierende wirtschaftliche Konsequenzen unbedingt mitgedacht werden müssten. Auch Werkstattrat Gerald Fahrbach und der Diözesan-Caritasdirektor Dr. Andreas Magg sprachen sich für die Freiwilligkeit aus.
Angeregt von Herbert G. Kratzer, beschäftigten sich die Debattierenden im Anschluss mit der Dauer und den Zugangsmöglichkeiten zur Ausbildung in der Heilerziehungspflege. Die Diskussionsteilnehmer*innen waren sich einig, dass die Ausbildungszeit von bisher fünf Jahren verkürzt werden muss und dass auch Quereinsteiger*innen mehr Möglichkeiten brauchen. Eine generelle Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie der Abbau von bürokratischem Aufwand sei wichtig, um geschultes Personal finden und halten zu können. Dr. Simone Strohmayr betonte auch, dass die Anerkennung ausländischer Qualifikationen beschleunigt werden sollte, um Fachkräften mit Migrationshintergrund den Einstieg zu erleichtern.
Die Löhne in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen wurden ebenfalls diskutiert. Es müsste mehr Lohn geben. Darin waren sich fast alle Anwesenden einig. Allerdings wies Herbert G. Kratzer auch auf ein Problem hin: Höhere Löhne würden auf alle Förderungen und Zahlungen, die die Beschäftigten einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung bekommen, angerechnet. So könnte am Ende das Budget für den Einzelnen nicht mehr werden.
Ein weiteres Thema der Diskussion waren die Ausgleichsabgabe sowie die Schwierigkeiten beim Übertritt auf den 1. Arbeitsmarkt, denen sich Menschen mit Behinderung gegenübersehen. Barbara Holzmann sagte, man müsse Anreize für Unternehmen schaffen, Menschen mit Behinderungen einzustellen. Es müsse selbstverständlich werden Menschen mit Behinderung einzustellen und deren Qualifikationen anzuerkennen. Dass dies leider bisher nur in Ausnahmefällen klappt, betonte Anna Schmidt, Fachleiterin Berufliche Qualifizierung und Entwicklung der CAB Behindertenhilfe. Sie sagte, dass die CAB beispielsweise im Rahmen ihrer Zertifikatslehrgänge viel für die Entwicklung ihrer Klient*innen leistet, diese aber nach erfolgreichem Abschluss dennoch Probleme haben, eine Stelle auf dem 1. Arbeitsmarkt zu finden. Gleichzeitig müsse auch immer mitgedacht werden, dass es Menschen gibt, die gerne in den Werkstätten arbeiten. Der Weg zurück vom 1. Arbeitsmarkt in die Werkstätten müsse offenbleiben, warf Carolina Trautner ein. Jede Person solle sich aussuchen können, wo sie arbeiten möchte.
Die Barrierefreiheit im öffentlichen Nahverkehr und anderen Bereichen wurde als ein weiteres drängendes Problem erörtert. Aus dem Publikum wurden dabei Stimmen laut, die forderten, dass u.a. Barrieren in öffentlichen Verkehrsmitteln beseitigt werden müssten. Betont wurde auch die Bedeutung von telefonischer Erreichbarkeit für Menschen ohne Internetzugang. Die Diskussionsteilnehmer*innen waren sich einig, dass beim Thema Barrierefreiheit trotz aller bereits erzielten Erfolge noch viel Handlungsbedarf besteht.
Abschließend wurde über das Pflege- und Wohnqualitäts-Gesetz (PfleWoqG) diskutiert, im Zuge dessen große finanzielle Herausforderungen auf die Einrichtungen zukommen, damit sie sich an neue Vorgaben anpassen können. Die Politiker*innen wurden aufgefordert, mehr Fördermittel bereitzustellen, um die Raumkonzepte für die Wohn- und Werkstattplätze angemessen zu finanzieren. „Nur so kann gewährleistet werden, dass beispielsweise auch die Pflege, die zwischenzeitlich ein elementarer Bestandteil und bei vielen Klient*innen Voraussetzung für die Teilhabe in der Behindertenhilfe ist, gut umgesetzt werden kann“, sagte Daniel Felber, Fachleiter Pflege der CAB Behindertenhilfe. Nur damit kann die Situation von Menschen mit Behinderung verbessert werden. Carolina Trautner sicherte zu, dass die CSU beim bayerischen Ministerpräsidenten einen Antrag zur Unterstützung stellen werde.
Die knapp dreistündige politische Diskussion verdeutlichte die Vielzahl der Herausforderungen, denen sich Menschen mit Behinderungen gegenübersehen und betonte die Notwendigkeit, sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene Lösungen zu finden. Die Politik wurde dazu aufgefordert, die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen weiter in den Mittelpunkt zu stellen und Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Lebensqualität und Teilhabe in der Gesellschaft zu verbessern.

